Der Werkstoff Aluminium
Ein kurzer Überblick
Aluminium ist nach Sauerstoff und Silizium als dritthäufigstes Element mit 8% am Aufbau der Erdkruste beteiligt. Wegen seiner starken Affinität zu Sauerstoff kommt Aluminium in der Natur nicht in gediegener Form, sondern nur als Verbindung vor. Der Rohstoff für die Aluminiumerzeugung ist Bauxit, ein Verwitterungsprodukt aus Kalk- und Silikatgestein, dessen hoher Gehalt an Al2O3 (Aluminiumoxid) häufig über 50% beträgt. Bauxit kommt vorwiegend im subtropischen Gürtel der Erde in Guinea, in Australien und Sierra Leone vor. Insgesamt werden die Ressourcen auf 140 Milliarden Tonnen geschätzt. 1992 wurden weltweit 108 Millionen Tonnen Bauxit abgebaut. Aluminium wurde 1854 erstmals durch Trennung von Aluminiumoxyd erzeugt. Aus vier Tonnen Bauxit werden nach weiteren Verarbeitungsgängen zwei Tonnen Aluminiumoxyd, aus denen durch Schmelzelektrolyse eine Tonne Aluminium entsteht. Um Aluminium für die vielfältigen Anwendungen einsetzen zu können, werden entsprechende Legierungsstoffe wie Magnesium, Silizium, Mangan und Kupfer zugesetzt. Die jährliche Weltproduktion von Aluminium beträgt ca. 20 Millionen Tonnen, wovon sich auf Nordamerika 32%, Osteuropa, die GUS-Staaten und China 22% sowie Europa 20% verteilen. (Stand 2002)
Allgemeine Eigenschaften des Aluminiums
Geringe Dichte
Mit 2,7 bis 2,9 g/cm3 besitzt Aluminium nur ein Drittel des spezifischen Gewichtes von Stahl. Gegenüber den Buntmetallen ergibt sich ein noch besseres Verhältnis. Das niedrigere Gewicht ermöglicht massive Energie- und Kosteneinsparungen in Transport, Fertigung, Montage, Wartung und Unterhalt.
Chemische, Witterungs- und Seewasserbeständigkeit
Bei Kontakt mit Luft überzieht sich Aluminium mit einer natürlichen Oxidschutzschicht. Diese Oxidschutzschicht erneuert sich nach jeder Entfernung und führt zu hervorragender Beständigkeit gegenüber atmosphärischer Korrosionsbelastung. Besonders Rein- und Reinstaluminium und die kupferfreien Legierungen sind gegen sehr viele Medien beständig. Sie werden deshalb in großem Umfang im Bauwesen, der chemischen, der Nahrungs- und Genußmittelindustrie, im Fahrzeugbau oder besonders in Form von AlMg- und AlMgMn-Legierungen im Off-Shore-Bereich verwendet.
Kalt- und Warmverformbarkeit
Aluminium ist prädestiniert für die Herstellung von Profilen und Rohren mit nahezu beliebigem Querschnitt. Aber auch mit fast allen anderen üblichen Verfahren der Kalt- und Warmumformung lassen sich Halbzeuge und Formteile herstellen. Spezielle Automatenlegierungen ermöglichen zudem eine gute Zerspanung mit hohen Schnittgeschwindigkeiten.
Hervorragende Eignung für Verbindungsarbeiten
Alle üblichen Verfahren sind bei Aluminiumwerkstoffen anwendbar. Schmelzschweißen erfolgt meist unter Schutzgasatmosphäre. Darüber hinaus findet bei Verbundwerkstoffen das Heißluftschweißen Verwendung, Kleb- und Klemmverbindungen gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Dekorative, dauerhaft färbbare Oberflächen
Aluminium erlaubt die Anwendung einer Vielzahl allgemeiner oder werkstoffspezifischer Verfahren zum Erzielen dekorativer Wirkungen, erhöhter Beständigkeit, verbesserter Oberflächenhärte und Abriebfestigkeit.
Gute Leitfähigkeit für Elektrizität und Wärme
Aluminium weist eine hohe elektrische Leitfähigkeit von 38 bis etwa 34 m/Ohm mm² bei Rein- und Reinstaluminium auf. Für elektrische Leiter werden Reinaluminium und besondere AlMgSi-Werkstoffe verwendet. Die Wärmeleitfähigkeit liegt bei ca. 80 bis 230 W/m • K.
Hohes Reflexionsvermögen
Aluminiumoberflächen sind durch eine geringe Absorbtion für Licht und Wärme gekennzeichnet. Durch geeignete Oberflächenbehandlungen können Reflexion und Absorbtion in weiten Grenzen beeinflußt werden.
Unmagnetisches Verhalten
Alle Aluminiumwerkstoffe sind frei von Ferromagnetismus.
Gesundheitliche Unbedenklichkeit
Aluminium ist ungiftig. Selbstverständlich sind Aluminiumprodukte sterilisierbar, leicht zu reinigen und erfüllen alle hygienischen und antitoxischen Anforderungen.
Recycling
Die Rückführung des Energiespeichers Aluminium in den Materialkreislauf ist eine sinnvolle und effektive Maßnahme, Kosten und Umwelt zu schonen. Sekundäraluminium, das durch Einschmelzen von Fertigungs- und Altschrotten gewonnen wird, benötigt - unter Beibehaltung aller positiven Werkstoffeigenschaften - nur 5% des Engergiebedarfs, der zur Gewinnung von Primäraluminium benötigt wird.
Aluminiumwerkstoffe
Bei den Aluminiumwerkstoffen wird zwischen Reinstaluminium, Reinaluminium und den Aluminiumlegierungen unterschieden. Reinstaluminium wird unmittelbar aus dem Hüttenaluminium nach besonderen Raffinationsverfahren mit einem Reinheitsgrad von mind. 99,9% hergestellt. Reinaluminium ist unlegiertes Aluminium mit beschränkten Verunreinigungen. Es wird in Reinheitsgraden von 90 bis 99,9% hergestellt. die Gruppe der Aluminiumlegierungen umfaßt die für die Praxis relevanten Aluminiumwerkstoffe. Sie entstehen durch Zulegieren von anderen Metallen, vorwiegend Mangan, Magnesium, Kupfer, Silizium und Zink. Als Basismaterial dient in den meisten Fällen Al99,5 (EN AW-1050A). Auf diese Weise lassen sich die Festigkeitswerte in weiten Grenzen erhöhen und auch andere Eigenschaften beeinflussen.
Je nachdem ob die gewünschte Festigkeitssteigerung nur durch Legierungelemente sowie Kaltverfestigung oder aber vornehmlich durch eine Aushärtebehandlung (Wärmebehandlung) erreicht wird, unterscheidet man zwischen den aushärtbaren und den nichtaushärtbaren (naturharten) Legierungen.
Eine weitere Unterscheidung ergibt sich aus der Art der Verarbeitung: Knet- oder Gußwerkstoffe. Zu den Knetwerkstoffen zählen außer Reinst- und Reinaluminium im wesentlichen die naturharten Legierungen vom Typ AlMn, AlMg, und AlMgMn sowie die aushärtbaren Legierungen der Gattungen AlCuMg, AlCuSiMn, AlMgSi, AlZnMg und AlZnMgCu. Sie werden zu Halbzeugen in Form von Bändern, Blechen und Ronden, Rohren Stangen und Drähten, Strangpreßprofilen sowie Schmiedestücken verarbeitet. Zu den Gußwerkstoffen gehören die Legierungen der Gattung AlSi, AlSiMg, AlSiCu, AlMg, AlMgSi, AlCuTi, AlCuTiMg, werden hier aber nicht weiter betrachtet.
Überblick über das Bezeichnungssystem von Aluminium Knetlegierungen nach DIN EN 573-3/DIN EN 573-4
Werkstoffbezeichnung Alloy Series |
Hauptlegierungselement Principal Alloying Element |
1xxx | Minimum 99% Aluminium |
2xxx | Kupfer / Copper |
3xxx | Mangan / Manganese |
4xxx | Silizium / Silicon |
5xxx | Magnesium |
6xxx | Magnesium und Silizium |
7xxx | Zink / Zinc |
8xxx | Andere Elemente / Other Elements |
1xxx - nicht wärmebehandelbar - Festigkeiten von 70 bis 190 N/mm² auch Reinaluminium genannt. Schweißbar. Sehr korrosionsbeständig, Verwendung für chemische Tanks und Rohre. Hohe elektrische Leitfähigkeit.
2xxx - kann wärmebehandelt werden - Festigkeiten von 190 bis 430 N/mm² - Kupferlegiert (0,7 bis 6,8%) - Verwendung in Flugzeug und Raumfahrt - hohe Festigkeit - großer Temperaturbereich. Manche Legierungen gelten aufgrund der Rißneigung beim Schweißen als nicht schweißbar - Schweißzusatz meistens 2xxx manchmal auch 4xxx.
3xxx - nicht wärmebehandelbar - Festigkeiten von 110 bis 280 N/mm² - Aluminium Manganlegierungen mit mittlerer Festigkeit, guter Korrosionsbeständigkeit - gute Formbarkeit - geeignet auch für höhere Temperaturen - Einsatzgebiet von Kochtöpfen über Kühler in Fahrzeugen bis zum Kraftwerksbau. Schweißzusatz 1xxx, 4xxx und 5xxx
4xxx - Wärmebehandelbare und nicht wärmebehandelbare Legierungen - Festigkeiten von 170 bis 380 N/mm² - Aluminium Silizium Legierungen (Si 0,6 bis 21,5%) - einzige Serie die Wärmebehandelbare und nicht wärmebehandelbare Legierungen enthält - Silizium reduziert den Schmelzpunkt und macht die Schmelze dünnflüssiger - ideal für Schweiß- und Lötzusätze
5xxx - nicht wärmebehandelbar - Festigkeiten von 120 bis 350 N/mm² - Aluminium Magnesium (Mg 0,2 bis 6,2%) - Höchste Festigkeiten der nicht wärmebehandelbaren Aluminiumsorten - schweißbar - Verwendung im Schiffsbau, Transport, Druckkessel, Brücken und Gebäuden. Schweißzusatz muß nach Magnesiumgehalt bestimmt werden. Aluminium aus dieser Serie mit mehr als 3,0% Mg ist für Temperaturen über 65° nicht geeignet (Spannungsrißkorrosion) - Materialien mit weniger als ca. 2,5% Mg können oft erfolgreich mit 5xxx oder 4xxx Schweißzusätzen geschweißt werden. 5032 wird meist als das Material mit dem höchsten Mg-Gehalt genannt, das gerade noch mit 4xxx schweißbar ist.
6xxx - wärmebehandelbar - Festigkeiten von 120 bis 400 N/mm² - Aluminium / Magnesium - Silizium Legierungen (Si und Mg um die 1%) sehr beliebt bei Schweißkonstruktionen - Verwendung vorwiegend als Extrusionen - kann gut wärmebehandelt werden - soll nicht ohne Schweißzusatz geschweißt werden (Warmrisse) - Schweißzusätze 4xxx und 5xxx
7xxx - wärmebehandelbar - Festigkeiten von 220 bis 600 N/mm² - Aluminium - Zink (Zn 0,8 bis 12,0%) - Verwendung in Flugzeugbau, Raumfahrt, Sportgeräte. Manche Legierungen sind nicht mit Lichtbogen schweißbar. Die am meisten genutzte Legierung 7005 und 7020 ist gut mit 5xxx Schweißzusätzen schweißbar.
Wärmebehandlung von Aluminium
Zweck des Aushärtens ist eine Festigkeitssteigerung durch Wärmebehandlung. Zur Festigkeitssteigerung sind Ausscheidungen ganz bestimmter Teilchendurchmesser und in einer definierten Auswahl erforderlich. Größe und Menge müssen so bemessen sein, daß Versetzungen, die Voraussetzung der Gleitprozesse während einer Verformung sind, in ihrer Fortbewegung gehindert werden.
Der Aushärtungsverlauf soll am Beispiel einer Al-Mg-Si Legierung dargestellt werden.
Der erste Schritt der Wärmebehandlung ist das Lösungsglühen bei einer Temperatur (bei diesem Beispiel) von 520°C. Die Dauer des Lösungsglühens ist so zu wählen, daß alle eventuell vorhandenen unerwünschten Ausscheidungen an Mg2Si, die von vorhergegangenen Wärmebehandlungen (Gießen, Schweißen) noch vorhanden sein können, mit Sicherheit im α-Mischkristall gelöst werden. Das ist in den meisten Fällen nach einer halben bis 2 Stunden abgeschlossen.
Anschließend wird der Werkstoff auf Raumtemperatur abgeschreckt. Diffusionsvorgänge laufen jetzt nicht mehr oder nur sehr träge ab. Der homogene α-Mischkristall wurde auf Raumtemperatur "eingefroren". Es liegt eine instabile, übersättigte Lösung vor. Im Gegensatz zum Werkstoff Stahl ist die Festigkeit nun gering und entspricht der Mischkristallverfestigung (ist also höher als die der heterogenen Legierung). Erforderliche Kaltverformungen müssen jetzt vorgenommen werden, zB. Richten bei Fahradrahmen.
Das abschließende Aushärten erfolgt in unserem Beispiel bei Temperaturen zwischen 125°C und 175°C und nimmt je nach Temperatur zwischen 4 Stunden und 3 Tagen in Anspruch.
Überblick über das Bezeichnungssystem von Aluminium Wärmebehandlungen nach DIN EN 515
Buchstabe | Bedeutung |
F | Keine besondere Wärmebehandlung |
O | Lösungsgeglüht - geringste Festigkeit - größte verformbarkeit (Duktilität) |
H | Kaltverfestigt |
T | Wärmebehandelt um andere Zustände als oben genannte zu erzeugen. Auf "T" folgt immer eine oder mehrere Ziffern |
Übersicht über die wichtigsten Aluminium Wärmebehandlungen nach DIN EN 515
Buchstabe | Bedeutung |
F | Keine besondere Wärmebehandlung - Herstellungszustand |
O | Lösungsgeglüht - geringste Festigkeit - größte verformbarkeit (Duktilität) |
H12 | Kaltverfestigt - 1/4 hart |
H14 | Kaltverfestigt - 1/2 hart |
H16 | Kaltverfestigt - 3/4 hart |
H18 | Kaltverfestigt - 4/4 hart |
H19 | Kaltverfestigt - extrahart |
H22 | Kaltverfestigt und rückgeglüht - 1/4 hart |
H24 | Kaltverfestigt und rückgeglüht - 1/2 hart |
H26 | Kaltverfestigt und rückgeglüht - 3/4 hart |
H28 | Kaltverfestigt und rückgeglüht - 4/4 hart |
H32 | Kaltverfestigt und stabilisiert - 1/4 hart |
H34 | Kaltverfestigt und stabilisiert - 1/2 hart |
H36 | Kaltverfestigt und stabilisiert - 3/4 hart |
H38 | Kaltverfestigt und stabilisiert - 4/4 hart |
T1 | abgeschreckt aus der Warmformgebungstemperatur und kaltausgelagert |
T2 | abgeschreckt aus der Warmformgebungstemperatur, kaltumgeformt und kaltausgelagert |
T3 | lösungsgeglüht, kaltumgeformt und kaltausgelagert |
T4 | lösungsgeglüht und kaltausgelagert |
T5 | abgeschreckt aus der Warmformgebungstemperatur und warmausgelagert |
T6 | lösungsgeglüht und warmausgelagert |
T7 | lösungsgeglüht und überhärtet |
T8 | lösungsgeglüht, kaltumgeformt und warmausgelagert |
T9 | lösungsgeglüht, warmumgeformt und kaltausgelagert |
Die Bezeichnung der Werkstoffzustände erfolgt durch Buchstaben wie aus obiger Tabelle ersichtlich. Die Unterteilung dieser Zustandsbezeichnungen erfolgt dabei durch Hinzufügen von Ziffern. So kennzeichnet zB. bei der Zustandsänderung H - kaltverfestigt die erste Ziffer die Kombination der Bearbeitungsgänge und die zweite Ziffer den Grad der Kaltverfestigung. Eine weitere Unterscheidung durch eine hinzugefügte dritte Ziffer ist möglich, wenn der Grad der Kontrolle des Zustandes oder die mechanischen Eigenschaften oder beide dies erfordern. Bei der Unterteilung der Zustandsbezeichung T - wärmebehandelt dient die erste Ziffer zur Bestimmung der Reihenfolge der Grundbehandlungen. Weitere Kennziffern können auch hier hinzugefügt werden, um eine Behandlungsvariante zu kennzeichnen, die die Merkmale des Halbzeuges im Verhältnis zum ursprünglichen T-Zustand deutlich verändert.
Ein kurzer Überblick über am Fahrrad verwendete Aluminiumwerkstoffe
Bezeichnung AA-ASTM | Bezeichnung DIN | Bezeichnung EN | Verwendung |
2014 | AlCuSiMn | EN AW-2014 | Schmiede- und Extrusionsbauteile wie zB. Kurbeln, Lenker, hochfest, gilt als nicht schweißbar |
5083 | AlMg4,5Mn | EN AW-5083 | Rahmen, keine Wärmebehandlung möglich, Kaltverfestigt, schweißbar |
6061 | AlMg1SiCu | EN AW-6061 | Rahmen - benötigt Wärmebehandlung mit Lösungsglühen, sehr gut schweißbar |
7005 | AlZn4,5Mg1,5Mn | EN AW-7005 | Rahmen - benötigt 3 Monate Auslagerung bei RT oder Wärmebehandlung, sehr gut schweißbar |
7020 | AlZn4,5Mg1 | EN AW-7020 | Rahmen - benötigt 3 Monate Auslagerung bei RT oder Wärmebehandlung, sehr gut schweißbar |
7075 | AlZn5,5MgCu AlZnMgCu1,5(alt) |
EN AW-7075 | Frästeile, hochfest, gilt als nicht schweißbar |