WIG Schweißen von Aluminium
Prozeßbezeichnungen:
WIG - Wolfram Inert Gas
TIG - Tungsten Inert Gas
GTAW - Gas Tungsten Arc Welding
Der Schweißprozeß
Aluminium wird im Fahrradrahmenbau vorwiegend mit dem WIG (=TIG, =GTAW) Schweißverfahren geschweißt. Der Schmelzfluß wird durch einen elektrischen Lichtbogen erzeugt, das Schweißbad durch ein Schutzgas von der Atmosphäre abgeschirmt.
Aluminium und seine Legierungen zeichnen sich durch eine hohe Korrosionsbeständigkeit aus, die durch eine dichte und festhaftende Oxidschicht gegeben ist. Die Schmelztemperatur dieser Oxidschicht liegt bei etwa 2050°C, die der Aluminiumwerkstoffe zwischen 580 und 660°C. Dies führt beim Schweißen zu Schwierigkeiten. Bei dem WIG Wechselstromschweißverfahren werden diese Oxide durch Vorgänge im Lichtbogen zerstört. Das verwendete Schutzgas verhindert eine erneute Oxidation durch den Luftsauerstoff während des Schweißens.
Grundsätzlich können zwei Stromarten verwendet werden, Gleich- und Wechselstrom. Durch die Stromart werden die Reinigungswirkung und das Einbrandprofil beeinflußt. Die Reinigungswirkung ist nur bei plusgepolter Elektrode wirksam. Die Erwärmung der Elektrode bei der Pluspolung ist aber so hoch, daß sich für das WIG-Schweißen nur das Wechselstromschweißen und das Schweißen mit der Wolframelektrode als Katode (Minuspol) durchgesetzt haben.
Eine WIG-Schweißanlage besteht aus einer Stromquelle, einem Schlauchpaket mit Strom-, Gas-, und eventuell Kühlwasserleitungen, einem Schweißbrenner und einem Masseanschluß. Reine Wechselstromquellen zum WIG Schweißen sind selten, meist handelt es sich um kombinierte Gleich- und Wechselstromquellen.
Bei Stromquellen, die einen sinusförmigen Wechselstrom erzeugen ist zum Wiederzünden des Lichtbogens beim Nulldurchgang ein Hochspannungsimpuls notwedig. Die Hochspannungsimpusle werden sowohl zum Zünden des Lichtbogens als auch zur Stabilisierung während des Schweißens benötigt.
Moderne Stromquellen erzeugen einen Stromverlauf in Rechteckform - Square Wave - der einen stabileren Lichtbogen bewirkt. Darüber hinaus ist bei diesen Geräten möglich, den Polaritätsanteil zu variieren und so Reinigungswirkung und Einbrandverhalten zu beeinflussen.
Schweißschutzgase sind in DIN EN 439 genormt. Für das Schutzgasschweißen von Aluminium werden vorwiegend die inerten Gase Argon und Helium, sowie Argon-Helium Gemische eingesetzt. Neben der eigentlichen Schutzfunktion, kann über die Zusammensetzung der Gase Einfluß auf das Einbrandprofil, das Entgasungsverhalten, aber auch auf die Lichtbogenstabilität, also auf das Schweißverhalten, genommen werden.
Argon wird bei der Luftverflüssigung gewonnen. Aufgrund seiner hohen Dichte (relative Dichte zu Luft = 1,38) eignet es sich besonders gut zum Abschirmen des Schweißbades. Die relativ geringe Ionisationsspannung erleichtert das Zünden des Lichtbogens.
Helium wird vorwiegend aus Erdgas gewonnen. Die Abschirmwirkung ist aufgrund seiner geringen Dichte (relative Dichte zu Luft = 0,14) eher gering. Die sehr gute Wärmeleitfähigkeit und das Vermögen, die im Gas gespeicherte Wärme auf das Bauteil zu übertragen, wirken sich beim Schweißen von Aluminiumwerkstoffen, sehr positiv aus. Die höhere Ionisationsspannung erschwert das Zünden des Lichtbogens und erhöht bei gleicher Lichtbogenlänge die Arbeitsspannung und somit die Streckenenergie, was sich ebenfalls positiv im thermischen Wirkungsgrad des Lichtbogens bemerkbar macht. Aufgrund der geringeren Dichte wird jedoch für den Schutz des Lichtbogens und der Schmelze einen größere Gasmenge benötigt.
Die Eigenschaften der Argon-Helium Gemische werden weitgehend von den im Gemisch vorhandenen Anteilen bestimmt. Zur Ermittlung der Durchflußmenge von Argon-Helium Gemischen und Helium kann bei Verwendung von Argon Druckminderern folgende Korrekturtabelle verwendet werden. Die tatsächliche Druchflußmenge ist der abgelesene Wert am Durchflußmesser oder Druckminderer multipliziert mit dem Korrekturfaktor.
Schutzgas | Korrekturfaktor |
75% Ar + 25% He | 1,14 |
50% Ar + 50% He | 1,35 |
25% Ar + 75% He | 1,75 |
100% He | 3,16 |
Nahtvorbereitung
Empfohlene Fugenformen für das WIG-Schweißen von Aluminiumwerkstoffen enthält DIN EN ISO 9692-3. Bei I-Stößen sollen kurz vor der Schweißdurchführung die Kanten an der Unterseite gebrochen werden.
Auf das Entfernen der Oxidschichten ist Wert zu legen. Alle Schweißprozesse sind zwar in der Lage das Oxid an der Schweißstelle zu entfernen, jedoch ist die Gefahr von Oxideinschlüssen in der Naht sehr groß, wenn das Oxid als unterschiedlich dicke und zähe Schicht vorliegt. Daher ist neben einer Entfettung auch eine Beseitigung der durch den Herstellungsprozeß gegebenen Oxidschicht vorzusehen. Im einfachsten Fall kann das mechanisches Bürsten sein (Bürste aus rostfreien Stahl), das unmittelbar vor dem Schweißen durchgeführt wird. Die sich sofort danach (ca. 5ms) bildende Oxidschicht ist sehr dünn und weist überall die gleiche Dicke auf. Wird als mechanisches Bearbeitungsverfahren das Schleifen eingesetzt, so ist unbedingt darauf zu achen, daß die Schleifscheiben keramisch gebunden sind. Bei Verwendung von kunststoffgebundenen Scheiben besteht die Gefahr von Kunststoffrückständen auf den Fugenflanken, die zur Porenbildung führen können.
Außer der mechanischen Vorbereitung kann auch - insbesondere bei höchsten Anforderungen an die Güte der Naht - eine chemische Behandlung wie Beizen angewendet werden. Vor dem Beizvorgang müssen alle Verschmutzungen und Fettrückstände durch ein organisches Lösungsmittel entfernt werden.
Als alkalisches Beizmittel wird hauptsächlich Ätznatron (Natriumhydroxid) in 10 bis 20%iger Lösung verwendet . Die Beizdauer liegt bei 0,5 bis 1 min, wobei die Lauge auf 60-80°C erwärmt ist. Anschließend wird in Wasser gespült und in 20%iger Salpetersäure neutralisiert. Danach wird wiederum gespült und anschließend getrocknet.
Als saure Beizmittel werden Säuregemische eingesetzt. Wird beispielsweise mit einem Gemisch von etwa 1l Salpetersäure (20%ig) und 0,1 l Flußsäure (70%ig) gearbeitet, so ergeben sich Beizzeiten von etwa 1 min bei Raumtemperatur. Nach dem Beizvorgang wird ebenfalls in Wasser gespült und anschließend getrocknet.
Praktische Durchführung
Brennerhaltung: (Rechtshänder.. für Linkshänder entsprechend spiegelverkehrt)
Der WIG-Brenner wird mit der rechten Hand und der Zusatzstab mit der linken gehalten. Geschweißt wird von rechts nach links, wober der WIG-Schweißstab unter etwa 30° zur Werkstoffoberfläche tupfenweise zugesetzt wird. Des Ende des Schweißstabes soll beim Schweißvorgang nicht aus der Schutzgas-Umhüllung herausgezogen und nicht mit der Elektrode in Berührung gebracht werden.
Den WIG-Schweißbrenner bewegt man weiter, sobald das Schmelzebad ein blankes, glänzendes Aussehen angenommen hat. Ist die Alu-Oberfläche stumpfgrau angelaufen, so ist das ein Zeichen dafür, daß der Gasschutz mangelhaft ist.
Faustregel: Beim WIG-Schweißen wird die Stromstärke so hoch als möglich eingestellt, damit das Aluminium rasch schmilzt, das Schweißbad vom Schweißer aber noch beherrscht werden kann. Dazu ist die kleinstmögliche Wolframelektrode einzusetzen, die bei diesem Schweißstrom noch gerade nicht schmilzt.
Die Gasmenge [l/min] ist so einzustellen, daß neben der Schweißraupe eine gereinigte, hellgraue Zone sichtbar wird. Eine Störung der Schutzgasatmosphäre durch Luft oder Feuchtigkeit bewirkt eine sichtbare Verfärbung der Schweißnaht. Bei einer Unterbrechung oder Beendigung des Schweißvorganges ist solange das Schutzgas nachströmen zu lassen, bis die Spitze der Wolframelektrode erkaltet ist. Andernfalls würde sie oxidieren, wodurch sie ein dunkel gefärbtes Aussehen annimmt. Für ein optimales WIG-Schweißen soll die Elektrode nach dem Erkalten silberweiß glänzen.
Richtwerte für das WIG Schweißen von Aluminium mit Wechselstrom
Werk- stückdicke mm |
Schweißstrom in A Wechselstrom* | Elektroden- durchmesser mm |
Schweißstab- durchmesser mm |
Argonverbrauch l/min | Lagen- anzahl |
1 | 40-60 | 1,6 | 2,0 | 3-5 | 1 |
2 | 75-100 | 1,6-2,4 | 2,0 | 4-7 | 1 |
4 | 155-190 | 2,4 | 3,0 | 4-9 | 1 |
6 | 210-290 | 3,2-4,0 | 4,0 | 6-10 | 2 |
8 | 230-350 | 4,8 | 4,0 | 8-12 | 2-3 |
10 | 250-380 | 4,9-6,4 | 6,0 | 10-14 | 3-4 |
Schweißzusätze
Die Schweißzusätze für das Schmelzschweißen von Aluminiumwerkstoffen sind in DIN1732-1 genormt. Die an den Schweißzusatz zu stellenden Anforderungen in Hinblick auf die Scheißrißsicherheit sind merklich höher als für den Grundswerkstoff. Eine Legierung die sich als Grundwerkstoff auch unter ungünstigen Bedingungen rißfrei schweißen läßt, ist deshalb nicht unbedingt auch als Schweißzusatz geeignet.
Die aushärtbaren AlMgSi und AlZnMg Legierungen, zu denen auch die im Fahrradrahmenbau verwendeten Legierungen 6061, 7005 und 7020 gehören, weisen eine verhältnismäßig hohe Schweißrißanfälligkeit auf. Sie werden daher meist nicht mit artgleichen, also mit nicht aushärtbaren Schweißzusätzen geschweißt. Empfohlene Schweißzuätze für diese Legierungen sind SG-AlMg4,5MnZr, das durch den Zirkon Anteil eine sehr geringe Schweißrißanfälligkeit besitzt, Sg-AlMg4,5Mn welches sich durch eine etwas höhere Festigkeit als das vorher erwähnte auszeichnet, sowie AlMg5 welches häufig verwendet und daher einfach zu bekommen ist.
Bezeichnung | mech. Kennwerte |
DIN 1732-1: SG AlMg5 Werkstoffnummer 3.3556 DIN EN ISO 18273: Al 5356 chem. Symbol AlMg5Cr(A) |
Streckgrenze, MPa: 120 Zugfestigkeit, MPa: 265 Dehnung, %: 26 |
DIN 1732-1: SG AlMg4,5Mn Werkstoffnummer 3.3548 DIN EN ISO 18273: Al 5183 chem. Symbol AlMg4,5Mn0,7(A) |
Streckgrenze, MPa: 140 Zugfestigkeit, MPa: 290 Dehnung, %: 25 |
DIN 1732-1: SG AlMg4,5MnZr Werkstoffnummer 3.3546 DIN EN ISO 18273: Al 5087 chem. Symbol AlMg4,5MnZr |
Streckgrenze, MPa: 130 Zugfestigkeit, MPa: 280 Dehnung, %: 30 |
Auswirkung der Schweißwärme auf den Grundwerkstoff - Wärmebehandlung
Bild und Tabelle geben einen Überblick über die in der Wärmeeinflußzone (WEZ) auftretenden Veränderungen und Möglichkeiten die aufgetretene Minderung der Festigkeitswerte zumindest teilweise wieder aufzuheben.
Werkstoff | Ausgangszustand (GW) | Festigkeit in der WEZ | Möglichkeit der Festigkeitssteigerung in der WEZ | |
nicht aushärtbar |
Al 99,5 AlMn1 AlMg2Mn0,8 AlMg3 AlMg4,5Mn |
weich (Rekristallationsgefüge) | keine Veränderung | keine |
kaltverfestigt (Umformungsgefüge) | Entfestigung durch Erholung und Rekristallation | keine | ||
aushärtbar | AlMgSi-Typ | kaltausgehärtet warmausgehärtet (Aushärtungsgefüge) |
Entfestigung durch Vergröberung der Ausscheidungen | Warmauslagern (Steigerung gering) |
erneutes Aushärten (nur bedingt möglich, Festigkeitswerte wie Ausgangszustand) | ||||
AlZnMg-Typ | kaltausgehärtet warmausgehärtet (Aushärtungsgefüge) |
Entfestigung vornehmlich durch erneutes Lösungsglühen | a) Kaltauslagern b)Warmauslagern |
|
erneutes Aushärten (nur bedingt möglich, Festigkeitswerte wie Ausgangszustand) |
Nichtaushärtbare Legierungen
Sollen hier nur kurz erwähnt werden: Schweißt man nichtaushärtbare Legierungen im Zustand weich, so entsprechen natürlich die Festigkeitswerte in der WEZ denjenigen des ungeschweißten Grundwerkstoffes. Geht man jedoch vom Lieferzustand kaltverfestigt aus, so tritt in der WEZ eine Entfestigung infolge von Erholung und Rekristallation auf. Das Ausmaß der Festigkeitsabnahme hängt dabei vom Werkstoff und Anlieferungszustand des Halbzeuges (=Grad der vorangegangenen Kaltverfestigung), von der eingebrachten Wärmemenge und damit vom angewandten Schweißprozeß bzw. den Schweißwerten ab, sowie davon, welche Temperaturen und wie lange diese auf die einzelnen Bereiche der WEZ eingewirkt haben.
Bild: Festigkeitskennwerte von AlMg5 halbhart, geschweißt mit SG-AlMg5
Aushärtbare Legierungen
Hier stehen für Schweißkonstruktionen zwei Legierungstypen zur Auswahl, nämlich AlMgSi und AlZnMg. Sie zeigen jedoch beim Schweißen ein unterschiedliches Verhalten.
Bei den Legierungen vom Typ AlMgSi, zu denen auch das im Rahmenbau gerne verwendete Aluminium 6061(AlMg1SiCu) gehört, tritt in der Wärmeeinflußzone vornehmlich eine Entfestigung durch grobe Ausscheidungen aus dem übersättigten Mischkristall (Ausgangszustand kaltausgehärtet) bzw. eine Vergröberung der inkohärenten Ausscheidungen (Ausgangszustand warmausgehärtet) auf. Hier ist also die Wärmeeinflußzone die schwächste Stelle der Verbindung. Eine wesentliche Festigkeitssteigerung ist nur durch eine vollständige erneute Aushärtebehandlung, das heißt Lösungsglühen, Abschrecken und Auslagern, zu erreichen. Insbesondere wegen des bei der notwendigen schnellen Abkühlung das geschweißten Bauteils meist unvermeidlichen Verzuges wird diese Nachbehandlung in der Praxis selten durchgeführt.
Teilweise kann stattdessen nur eine anschließende Warmauslagerung der geschweißten Konstruktion von etwa 16h bei 160°C vorgenommen werden. Dabei ergibt sich aber nur eine geringe Anhebung der Zugfestigkeit von etwa 30N/mm².
Im Gegensatz dazu zeigen die Legierungen vom Typ AlZnMg, zB. die im Rahmenbau verwendeten Werkstoffe 7005 (AlZn4,5Mg1,5Mn) und 7020 (AlZn4,5Mg1), ein völlig anderes Verhalten. Gegenüber allen anderen aushärtbaren Werkstoffen zeichnen sie sich durch einen sehr breiten Temperaturbereich für das Lösungsglühen, etwa 300 bis 500°C, eine geringe Abschreckempfindlichkeit sowie eine verhältnismäßig große Trägheit der Aushärtung (=lange Aushärtungszeiten), insbesondere bei Raumtemperatur, aus. Die beim Schweißen eingebrachte Wärme wirkt hier daher vornehmlich wie ein erneutes Lösungsglühen, die Abkühlung des Bauteils nach dem Schweißen wegen der guten Wärmeleitfähigkeit wie ein mildes Abschrecken. Dies führt dazu, daß die Festigkeitswerte in der Wärmeeinflußzone unmittelbar nach dem Schweißen ebenfalls zunächst noch verhältnismäßig niedrig liegen, bei einer anschließenden Auslagerung bei Raumtemperatur oder erhöhten Temperaturen, 120 bis 130°C, wieder in starken Maße ansteigen. Nach 90 Tagen werden in der Wärmeeinflußzone praktisch wieder die Mindestfestigkeitswerte für den Zustand kaltausgehärtet erreicht. Die schwächste Stelle liegt in der Schweißnaht.
Untenstehendes Bild zeigt das Wiederaushärten von WIG geschweißten 4mm dicken Blechen aus AlZnMg4,5 (EN AW-7020).
Wärmebehandlung für 6061 für den Zustand T6: Lösungsglühen bei 520-530°C für 30 Minuten. Danach Abschrecken in Wasser oder Wasser/Glykol Gemisch. Die Temperatur des Wassers darf dabei 40°C nicht überschreiten. Jetzt kann 8 Stunden lang der Rahmen gerichtet werden, dann muß er ca. 3 Tage bei Raumtemperatur ausgelagert werden. Danach wird er im Ofen 8 Stunden bei 180°C +-5°C ausgehärtet.