Die Geometrie eines Fahrradrahmens
Anhand der Rahmenskizze Yo Eddy
Die Rahmengeometrie bestimmt Seitensteifigkeit, Fahrkomfort und vor allem die Fahreigenschaften eines Rades.
In folgender Skizze ist ein Fat Chance Yo Eddy skizziert. Warum gerade dieses Rad? Ganz einfach deswegen, weil es
a) ein anerkannter und langjährig bewährter Klassiker ist, und weil
b) es gerade da war.
Einige Rahmenmerkmale:
Größe: M (430mm Mitte-Mitte) | Oberrohrlänge: 585mm (M-M parallel zu Boden) |
Rohre: True Temper OX3 | Gewicht: 1900gr. (Rahmen mit Sattelkemmung) |
Längen und Winkel:
Radstand: Der Radstand bestimmt die Laufruhe bzw. die Wendigkeit eines Rades. „Länge läuft“, also je länger der Radstand ist, desto laufruhiger ist der Rahmen. Dafür verschlechtert sich die Wendigkeit. Der Radstand läßt sich in Hinterbaulänge (Abstand Hinterradachse zu Tretlagermitte) sowie in den Vorderbau (Abstand Tretlagermitte zu Vorderachse) unterteilen. Ein kurzer Hinterbau verbessert die Traktion beim Bergauffahren, das Rad neigt aber zum Flattern und Übersteuern. Bei einem zu langen Vorderbau neigt das Rad ebenfalls zum Flattern, zusätzlich aber ergibt sich ein untersteuerndes Lenkverhalten. Kurze Vorderbauten wirken sich also positiv auf unser Rad aus, solange unsere Füße das Vorderrad nicht bremsen wollen. Bei einem kurzen Hinter- und Vorderbau leidet die Laufruhe, da der Radstand sonst eher kurz wird. Er sollte in einem Bereich von 950-1100mm bleiben.
Nachlauf: Der Nachlauf beeinflußt das Lenkverhalten sehr stark, ja er ermöglicht das Radfahren erst. Per definitionem: „der auf dem Boden gemessene Abstand zwischen (der in der Verlängerung gedachten) Lenkdrehachse und dem Aufstandspunkt des Vorderrades“. Nachlauf deswegen, weil der Aufstandspunkt des Vorderrades hinter seiner Drehachse liegt. Der Nachlauf stellt einen Hebel dar, über den die Kreiselkräfte des Vorderrades wirken. Das Laufrad kippt automatisch in die Richtung, in die das Rad geneigt wird. Dadurch richtet sich das Rad praktisch von selbst wieder auf. Das Fahren mit dem Rad ist daher keine Gerade, sondern eine Schlangenlinie. Der Nachlauf „automatisiert“ also das Radfahren. Während bei Rennrädern ein Nachlauf von 60mm üblich ist, besitzen MTB´s oft einen Nachlauf von 75-85mm. Der Nachlauf resultiert aus dem Steuerrohrwinkel und der Gabelvorbiegung. Ein flacherer Steuerrohrwinkel vergrößert den Nachlauf, die Gabelkrümmung verkürzt ihn wieder. Ein flacherer Steuerwinkel wirkt sich eher ungünstig auf die Fahreigenschaften des Rades aus. In der Geradeausstellung befindet sich das Vorderrad auf seinem höchstmöglichen Punkt. Bei jedem Lenkeinschlag taucht es desto mehr ab, je flacher der Steuerwinkel ist. Bei Langsamfahrt werden die Lenkräfte daher sehr hoch, das Rad ist für Trial und Bergauffahrten also eher ungeeignet. Man darf aber auch nicht in die andere Richtung übertreiben: Bei einem steileren Lenkwinkel (ab 75°) neigt das Rad zum Übersteuern.Sonstige Einflußgrößen: ZB. die Sattelrohrneigung und die Oberrohrlänge. Beide Maße wirken sich zwar primär auf die Fahrerposition aus, indirekt aber auch auf das Fahrverhalten. Der Sattelverstellbereich muß ausreichen, um den Sattel optimal zum Tretlager auszurichten. Die Oberrohrlänge sollte zwar eher sportlich gestreckt sein, aber auch nicht zu lang um nicht zuviel Gewicht über das Vorderrad zu bringen, was aber in gewissen Grenzen wieder durch die Vorbaulänge korrigiert werden kann. Die Tretlagerhöhe wiederum bestimmt die maximale Kurvenneigung des Rades. Beim MTB wird das Tretlager deutlich höher positioniert als beim Straßenrad, um genügend Bodenfreiheit zu sichern. Außerdem nimmt mit einem höheren Tretlager auch die Seitensteifigkeit zu. Derzeit liegen gängige Tretlagerhöhen bei Rennräder etwa bei 270mm, bei MTB´s 290mm. Man sollte das Tretlager aber auch nicht zu hoch legen, da dadurch der Bodenkontakt mit den Füßen zu sehr erschwert wird.
Die richtige Rahmengröße:
Nun, jetzt haben wir vielleicht den richtigen Rahmen gefunden. Aber welche Größe ist jetzt die richtige? Es geht nun um die richtige Fahrerposition, um möglichst viel von unserer kostbaren Muskelkraft in Vortrieb zu verwandeln. Oder? Die „richtige“ Position auf dem Fahrrad, ob Rennrad, MTB etc. ist etwas individuelles, man muß sich wohlfühlen. Ein „Draufsetzen“ ist absolut selbstverständlich, sportlich orientierte Fahrer müssen verschiedene Hersteller und Rahmengrößen mit verschiedenen Vorbauten etc. kombinieren, um endlich „gut“ draufzusitzen. Aber genug mit dem einleitenden Gequatsche:
Vorab möchte ich gleich feststellen, daß die Sattelrohrlänge, die als Rahmengröße üblicherweise angegeben wird, nur indirekt von Bedeutung ist. Die tatsächlichen Größen, die die Fahrerposition bestimmen, sind die Oberrohrlänge und auch der Sitzwinkel. Es gibt die verschiedensten Methoden die Längen der Rohre zu messen, eine Prospektangabe, die die Art der Messung nicht angibt, ist also nicht sehr aussagekräftig. Ich gebe die Maße immer Mitte zu Mitte an, und im Falle des Oberrohres parallel zum Boden gemessen, da die verschiedenen MTB-Rahmen verschiedene Neigungen des Oberrohres relativ zum Boden haben, und die Länge, die das Oberrohr hat, deswegen natürlich nicht sehr gut vergleichbar ist. Es gibt unzählige Formeln, die die richtige Rahmenhöhe ergeben sollen. Grundsätzlich: Es ist selbst für erfahrene Fahrer sehr schwer auf Anhieb die richtige Rahmenhöhe zu finden. Beim MTB wird dies sehr erleichtert, da die Rahmen meist nicht in 1cm-Abstufungen erhältlich sind.
Grundposition: Die Lage des Sattels zum Tretlager bestimmt die Krafteinwirkung auf das Pedal. Die Lenkerstellung dient zur Bequemlichkeit, bei sportlich orientierten Fahrern auch der Aerodynamik, und auch dazu, um beim Treten die Rückenmuskulatur miteinzubeziehen.
Warum ist jetzt die Oberrohrlänge und der Sitzwinkel so bedeutend für die Fahrerposition?
Ganz einfach deswegen, weil der Fahrer den Rahmen mit Hilfe der Sattelstütze exakt auf die Beinlänge abstimmen kann. Die Position des Sattels, und der Knie wird aber durch den Sitzwinkel bestimmt, und kann nur in geringen Maße durch die Längenverstellung des Sattels ausgeglichen werden. Die Oberrohrlänge wiederum bestimmt wieweit der Fahrer nach vorne gebeugt ist. Dies kann natürlich auch über die Vorbaulänge korrigiert werden, aber ebenso nur in geringen Maße, da der Vorbau grewisse Ober- und Untergrenzen nicht überschreiten sollte. (120-160mm). Die Vorbauneigung ist natürlich auch ein Mittel die Fahrerposition zu korrigieren, bei CC (Rennorientiert) sollte der Vorbau aber eine Neigung von 0° bzw. höchstens 5° haben. Die Wahl der richtigen Rahmengröße ist also sehr wichtig. Es sollte aber auch bedacht werden, daß verschiedene Rahmenhersteller verschiedene Geometrien favorisieren. Es kann also sein, daß Hersteller A längere Oberrohre verbaut, Hersteller B kürzere (bei gleicher Sattelrohrlänge). Es ist also klar, daß der Rahmen von Hersteller A in einer kleineren Rahmengröße benötigt wird, als der von B.
Bei Rennradrahmen wird die Rahmengröße üblicherweise durch diese Formel bestimmt: 66 Prozent der Schrittlänge plus zwei Zentimeter ergibt die Sattelrohr/Oberrohrlänge. (Beim Rennrad sind Sattelrohr- und Oberrohrlänge nahezu gleich.) Wie schließe ich daraus auf die richtige Rahmenhöhe für mein MTB? Nun, ganz einfach: Die Oberrohrlänge beim MTB entspricht weitgehend der beim Rennrad.
Diese Formel soll natürlich nur für den unerfahrenen Fahrer eine gewisse Grundhilfe sein, um eine Vorstellung der Größenordnung der Rahmenhöhe zu haben. Die weitere Abstimmung muß man durch Probieren, am besten durch Testfahren, herausfinden.